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Entspannung am Familientisch

„Könnt ihr nicht wenigstens beim Essen mal friedlich sein?“ Mama stützt erschöpft-entnervt den Kopf in die Hände, das Baby nörgelt, während Papa versucht, es unfallfrei zu füttern. Die Geschwister schreien inzwischen und treten sich unter dem Tisch. Harmonie sieht anders aus.
Das gemeinsame Abendessen ist ein wichtiger Fixpunkt im Alltag vieler Familien. Vor gut einem Jahr noch bei Vielen der einzige Moment am Tag, wo endlich mal alle Familienmitglieder zusammenkommen. Fröhlich sollte es sein, genussvoll, verbindend… und jetzt das: Stress pur! Sämtliche Gefühle prallen aufeinander, verschiedene Wünsche, Erwartungen, Familienregeln. Wir haben gelernt, so ein Essens-Ritual gibt Halt, schafft Begegnung und Gespräche. Tatsächlich entladen sich an diesem Platz viele Konflikte, gerade jetzt, wo Kinder wie Eltern dauernd belastet sind und ohnehin schon den ganzen Tag aufeinander hocken.

Der systemische Blick bringt Entlastung

Ein fester Sitzplatz für jedes Familienmitglied kann langfristig helfen, die Situation am Tisch zu ent-spannen. Aus der Aufstellungsarbeit kennen wir das Bild, dass nach erfolgreicher Lösungsarbeit am Ende der Aufstellung die Frau links neben dem Mann steht. Die Kinder stehen vor ihnen, können sich anlehnen. Ganz rechts steht das Älteste Kind und nach links schließen sich absteigend die jüngeren Geschwister an. Hinter den Eltern stehen ggfs. die Großeltern. Alle blicken in dieselbe Richtung. Wenn am Ender der Aufstellung Ruhe in die Konstellation gekommen ist, kann jede*r auf dem energetisch richtigen Platz stehen. Um zu diesem Abschlussbild zu kommen, braucht es mal mehr, mal weniger Vorarbeit.
Doch es kann auch umgekehrt gearbeitet werden: Alle sitzen bei den Mahlzeiten am für sie richtigen Platz am Tisch und allein das wirkt sich quasi rückwärts ordnend aufs System aus. Entspannung kehrt ein.

Das klingt befremdlich? Dann erinnere dich mal an deine Kindheit – hattet ihr feste Sitzplätze? Vielleicht ist dir das System dahinter nie aufgefallen. Wie fühlte sich das an? Oder hatte dein Vater einen festen Platz? Ein merkwürdig beklommener Moment, wenn Besuch kommt und sich unwissentlich genau auf diesen Stuhl setzt! Teste es gerne in einer ruhigen Viertelstunde mal aus und setze dich auf verschiedene Plätze an eurem Tisch. Du wirst die Unterschiede sicher spüren.

Energetisch „gute“ Plätze gibt es nicht nur im FengShui

Die systemischen Regeln dahinter sind auch keine neumodische Erfindung! Ihr kennt das vielleicht von Fotografien alter Bauersfamilien: Da sitzt an der Stirnseite der Vater, links neben ihm die Mutter und neben ihr absteigend wie die Orgelpfeifen die Kinder. Auch wenn wir uns wahrhaft nicht vieles aus jener Zeit zurückwünschen, so kann eine ordnende ‚Hierarchie‘ doch ungemein klärend wirken. (Sollte dir hier beim Lesen in Sachen gender und Gleichberechtigung schlecht werden – das kann ich gut verstehen. Mir ging es ähnlich. Über diese Werte-Kollision schreibe ich demnächst einen eigenen Artikel. J)

Klar gibt es oft äußere Zwänge, die es erschweren, so eine vorgegebene Struktur schnell mal umzusetzen: Das Baby muss in Reichweite sitzen. Wer auch immer kocht, braucht einen strategisch guten Platz, um nochmal schnell in die Küche springen zu können. Die fest eingebaute Eckbank macht ein schnelles Umstellen der Möbel unmöglich. Und doch lohnt es sich, kreativ zu werden und am Familientisch die Grundprinzipien der Aufstellungsarbeit umzusetzen:

Ich will aber keinen anderen Platz!

Eine meiner frühen Klientinnen war frisch alleinerziehend mit ihrem Sohn in eine kleine Wohnung gezogen. Der Junge begann früh zu pubertieren und sie fochten mühsam einen Machtkampf nach dem anderen aus. Auf der Frage nach der Sitzplatzverteilung in der Wohnküche stellte sich heraus, dass der Junge bei jeder Mahlzeit neu seinen Platz aussuchte und sie den verbleibenden nahm. Meist war es der mit dem Rücken zur Tür – der energetisch schwächere der beiden Sitzplätze. Dem Sohn seinen korrekten Platz zuzuweisen und den auch beizubehalten, stieß erwarteter Maßen auf seinen energischen Widerstand. Dann empfahl ich, gemeinsam Tischsets aus Stoff mit Textilfarben zu gestalten. Das Set des Sohnes sollte er ganz nach seinen Wünschen gestalten können, mit Rennwagen und Zielflagge… Sie entschied sich für ein buntes Blumenmotiv. Mit diesen Sets und einem schönen Abendessen gab es eine feierliche Einweihung der „neuen“ Sitzplätze. Danach legten sich die Diskussionen deswegen und es entspannte sich nicht nur die Atmosphäre beim Essen sondern auch die zahlreichen Machtkämpfe tagsüber ließen nach. Die Mutter war mehr in ihrer Kraft, der Sohn durfte unbewusst übernommene Verantwortung wieder abgeben und konnte sich mehr in seiner Kinderrolle entspannen.

Auch in großen Familien und – mit etwas Tüfteln – Patchwork-Familien sind diese Prinzipien umsetzbar. Wichtig: Jede*r hat einen festen Platz, der auch dann nicht vergeben wird, wenn die Person mal fehlt.

Wenn ich dich dabei unterstützen kann, auf die eine oder andere Weise mehr Ruhe in dein System zu bringen, melde dich gerne bei mir. Vielleicht haben aber diese Zeilen schon den Anstoß dazu gegeben, euren Familientisch neu zu organisieren.

Ich wünsche dir...

gutes Gelingen dabei und – auch wenn es derzeit oft schwerfällt – viel Geduld mit dir selbst und deinen Kindern!


TIPP:

Du möchtest gerne ein Familien-Ritual haben, um mit deinen Herzensmenschen in bewussten Kontakt zu kommen - und zu bleiben? Journalistin und Mama-Bloggerin Tanja hat "die Familienkonferenz" gut greifbar und umsetzbar zusammengefasst. Ihren Erfahrungsbericht und die Kurzanleitung als pdf findest du bei NoRisk.NoMum.